Foto-Spiele in Corona-Zeiten Teil 7

Ich habe nun vor sage und schreibe sieben Wochen begonnen, euch mit kleinen fotografischen Aufgaben zu versorgen, damit ihr während der Corona-Isolation dennoch eurem Foto-Hobby nachkommen könnt (und vielleicht auch etwas weiterkommt). Während die ersten drei Wochen sehr experimentell waren, ging es in Woche 4 und dem ins Glas fallenden Obst doch schon etwas alltäglicher zu, die darauf folgende Woche mit der Tropfenfotografie ging wieder einen Schritt zurück und das letzte Foto-Spielchen beschäftigte sich zum ersten Mal eher mit dem Thema “Licht” und einfachen Beispielen aus der Food- und Produktfotografie. Hier möchte ich mit dem dieswöchigen Foto-Spiele-Beitrag wieder ansetzen!

Für die heutige Aufgaben benötigt ihr:

  • einen weißen Hintergrund/Untergrund (Fotokarton, Kalenderblatt o.ä.)
  • eine Kamera am besten auf einem Stativ
  • eine etwas längere Brennweite
  • einen fernzündbaren Blitz oder ein starkes Dauerlicht
  • ein Lichtzelt / ein selbstgebautes Ministudio (dazu später mehr)
  • am besten glänzende Objekte zum Fotografieren

Beginnen wir genau wie beim letzten Mal mit der Gegenüberstellung von hartem und weichem Licht. Ihr erinnert euch? Ein hartes Licht hat einen harten Übergang von Licht zu Schatten, bei weichem Licht ist der Verlauf länger gezogen (das ist jetzt vereinfacht ausgedrückt, aber es ist ja auch erst der Anfang des Beitrages…). Daher habe ich euch nun einfach die Uhr vom letzten Mal auf ein weißes Kalenderblatt gelegt und a) mit einem Systemblitz ohne Lichtformer (also einer kleinen Lichtquelle) und b) mit einem Blitzdiffusor mit Durchmesser von 30cm (also einer größeren Lichtquelle) fotografiert:

Die Unterschiede in der Härte des Schattens, der Reflexion im Glas und im Leder sowie der Flächigkeit der Ausleuchtung sind offensichtlich. Um das nochmals mit einem weiteren Besipiel zu verdeutlichen, habe ich das Kalenderblatt an die Wand gelehnt, so dass unten eine leichte Rundung (wie eine Hohlkehle im Studio) entstand und habe ein stehendes Objekt nochmals genauso ausgeleuchtet:

Jetzt sollte es noch deutlicher sein: Je größer die Lichtquelle vom Motiv aus gesehen ist, desto weicher sind die Schattenverläufe – bis hin zu so weich, dass sie praktisch nicht mehr wahrgenommen werden. Aber auch die Einspiegelungen im Material werden durch die größere Lichtquelle größer! Das konntet ihr bei der Uhr am Armband und natürlich hier im Metall der Figur gut sehen.

Sollte sich jemand fragen, wie diese Diffusordisk (affiliate link) aussieht, die ich über meinen Aufsteckblitz gesteckt habe – so sah der ganze Aufbau für diese Testbilder aus:

Wenn man so etwas hingegen öfters macht , z.B. um Produkte für Ebay zu fotografieren, Freude an der Makrofotografie hat o.ä., dem würde ich eher zu einem Lichtzelt raten. Letztendlich ist das ein Würfel, in den man einen Hintergrund beliebiger Farbe als Hohlkehle einklemmen und der von allen sechs Seiten aus beleuchtet werden kann. Die Dinger gibt es in unterschiedlichsten Größen, manche schon mit eingebauten Leuchten (davon würde ich abraten), leicht zusammenklappbar oder auch stationär. Wer viel und häufig solche Aufnahmen machen möchte, der sollte wirklich zu so einer Lösung greifen – das erspart eine Menge Arbeit und führt sehr einfach zu wiederholbaren Ergebnissen. Wenn man so ein Ding nicht hat (so wie ich), der kann auch einfach kreativ werden. Ich hatte noch einen alten Wäschekorb aus weißem teiltransparenten Stoff, der aufspringt, wie ein Wurfzelt – hervorragend! Früher habe ich das mit einem großen Karton gemacht, in den ich oben, links und rechts rechteckige Löcher schnitt und Papier davor klebte – ging genauso (genannt Ministudio im Eigenbau)…

Auf jeden Fall bin ich nun einen Schritt weiter gegangen und habe mein “Wäschekorb”-Lichtzelt auf den Tisch gestellt, das besagte Kalenderblatt hinten als Hohlkehle hineingeschoben und nun das gleiche Bild wie oben nochmals gemacht, in dem ich durch die Seite des teiltransparenten Materials blitzte:

Besonders an der Rundung des “Kopfes” seht ihr gut, wie schön die Schattenpartien zusätzlich aufgehellt wurden. Und das alles mit nur einem einzigen Systemblitz (einem Hähnel 600RT), der von der Kamera aus ferngezündet (entfesselt) benutzt wurde. Um das Set zu vervollständigen, kommt hier das dazu gehörige Setup:

Wer von euch letzte Woche aufmerksam mitgelesen hat, der wird sich daran erinnern, dass ich Grundregeln des Lichts beschrieben habe:
Die Größe der Lichtquelle ist abhängig davon, wie hart/weich der Schattenverlauf ist.
Der Abstand der Lichtquelle zum Motiv bestimmt den Lichtabfall/Kontrast.
Aber der Punkt, der mir in Bezug auf unser Lichtzelt besonders wichtig ist heute, ist der Abstand der Lichtquelle zum Diffusor! Wie schon letzte Woche angerissen, habe ich einen harten Übergang von normalem Tonwert (der korrekten Belichtung des Motivs) zum Glanzlicht (der Einspiegelung der Lichtquelle), wenn der Blitz nah am Diffusor sitzt. Dabei sind solche Reflexionen der Lichtquelle oft störend, z.B. wenn sich der Blitz in einem Brillenglas spiegelt und man dadurch das Auge nicht mehr sehen kann. Vergrößere ich hingegen den Abstand von der Lichtquelle zum Diffusor, nehmen die Glanzlichter der Einspiegelung ab, es entsteht eher ein Schimmer als eine Glanzstelle. Das klingt nun vermutlich zunächst einmal verwirrend, daher schaut euch folgendes Beispiel an. Ich hoffe, es verdeutlicht euch, welche Auswirkung der Abstand von Lichtquelle zu Diffusor mit sich bringt – wenn nicht, fragt gerne in den Kommentaren nach!

Wer sich dieses Konzept verinnerlicht, sieht sehr schnell den Vorteil, den Diffusoren im Vergleich zu “starren” Lichtformern wie gewöhnlichen Softboxen oder oben genannten Diffusordisks mit sich bringen! Bei all diesen kann nämlich der Abstand vom Licht zum Diffusor nicht verändert werden, wodurch uns ein unblaublich wichtiger Weg fehlt, das Licht nach unseren Wünschen zu gestalten. Ich selbst arbeite inzwischen viel mehr mit Diffusoren als nur mit herkömmlichen Lichtformern, wenn es das Shooting zulässt!

Wie unkompliziert ein – zugegebenerweise SEHR simpler – Produktschuss einer Flasche so funktionieren kann, seht ihr hier:

Wenn man dieses Spiel noch weiterspinnt, kann man aber auch ansehnliche Produktfotos ohne viel Aufwand fotografieren! Da die Kamera auf einem Stativ steht und das Motiv sich auch nicht verändert, kann ich auch eine Serie an Bildern machen, in der ich bei jedem Foto den Blitz von einer anderen Richtung kommen lasse. In Photoshop kann ich diese Bilder dann sehr einfach zusammenfügen, in dem ich die Einzelbilder als Ebenen überlagere und den Ebenenstil auf “aufhellen” stelle. So werden nur die Bildbereiche der oberen Ebene sichtbar, die heller sind als die der darunter liegenden. Als Beispiel: 3 Einzelbilder, 1x Blitz von oben/leicht hinter der Uhr, 1x von links unten als Kantenlicht und für die Einspiegelung an der Fassung und 1x von rechts, um dem rechten Rand der Fassung einen Schimmer zu verleihen, fertig! (Übrigens: Wenn ihr Uhren fotografiert, sollte man die Zeiger am besten in einer V-Stellung fotografieren – also nicht so, wie ich es hier faulerweise getan habe… Schaut euch als Beispiel hierfür doch einfach nochmals den letztwöchigen Beitrag an!) Hier die Einzelbilder und darunter das fertige Bild:

Mit Hilfe einer solchen Lightbox ist es wirklich enorm unkompliziert, solch einfache Produktfotos herzustellen und jedem, der sich mit Lichtsetzung nicht zu sehr beschäftigen und dennoch ansehnliche Produktfotos fotografieren möchte, rate ich zu solch einer Anschaffung!

Nächste Woche zeige ich euch einen weiteren Weg, wie ihr mit Licht umgehen könnt! Zuerst wieder im Kleinen, um das Gelernte danach auf die Portraitfotografie zu übertragen.

Ich hoffe, dieser doch etwas längere Beitrag erschlägt euch nicht! Sollten Fragen auftauchen, zögert bitte nicht, diese hier in den Kommentaren zu stellen!
Viele Grüße und fröhliches Ausprobieren
Martin

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