Fujifilm Classic Chrome

Fujifilm: Filmsimulationen (1)

In einem Beitrag, den ich kürzlich veröffentlichte, beschrieb ich meinen Wechsel von Canon zu Fujifilm und was ich alles toll an diesem System finde. U.a. bin ich dort kurz auf die Filmsimulationen, also quasi Presets von Fujifilm eingegangen, die in meinen Augen die beste JPG-Qualität erzeugen, die ich direkt aus der Kamera kenne. Mit dem heutigen Post möchte ich eine Reihe starten, die sich mehr mit dem Thema “Filmsimulationen von Fujifilm” beschäftigt, deren prinzipielle Verwendung, Finetuning-Möglichkeiten in der Kamera sowie Methoden, wie man über gängige Raw-Converter auch auf die tollen Presets von Fujifilm zurückgreifen kann. (Versierte Fuji-Anwender werden sich hier also vermutlich langweilen – die nächsten Posts kommen aber…)

Fujifilm war ja früher eher als Filmhersteller bekannt – Fuji Velvia, Astia, Provia, Fujicolor X-Tra etc. waren Namen, die vielen (Hobby-)Fotografen geläufig waren. Somit liegt es natürlich nahe, dass Fuji diese Erfahrung auch in die digitale Welt überträgt! Für die Entwicklung der digitalen Filmsimulation des besonders bei Landschaftsfotografen beliebten Velvia setzte Fujifilm den gleichen Ingenieur ein, der bereits für die Farbeigenschaften des alten Diafilms verantwortlich war.

In den Kameras des X-Systems von Fuji sind seit der ersten Generation diverse dieser Filmsimulationen verbaut, die seit dem aber auch stetig erweitert wurden, der aktuelle Stand (12/2020) ist folgender: (alle Beispielbilder sind direkt aus der Kamera und nicht extern bearbeitet, lediglich verkleinert)

  • Provia (Standard)

    Genau wie der analoge Diafilm aus dem Profisegment eignet sich diese Einstellung für eine große Bandbreite an Motiven, Schärfe und Kontrast sind moderat, die Farbwiedergabe realistisch.

  • Velvia

    Der wohl berühmteste und besonders bei Landschaftsfotografen hochverehrte Diafilm, dessen Chrakteristika recht gut in die digitale Version überführt wurden: Ein hoher Kontrast und sehr hohe Farbsättigung, bei der die Gelbtöne etwas in Richtung Orange rücken und die Blautöne stark gesättigt leicht in Richtung Magenta rutschen. Daher für Landschafts- und Naturaufnahmen hervorragend geeignet, für Portraits wegen der hohen Farbsättigung eher weniger zu empfehlen.

  • Astia (Soft)

    Ebenfalls vom analogen gleichnamigen Diafilm hervorgegangen, bietet der Astia genau wie der Velvia eine hohe Farbsättigung, aber viel weicheren Kontrast. Hauttöne rutschen minimal in Richtung Gelb und verlieren leicht an Sättigung, was zu enorm natürlichen (und von mir präferierten) Hauttönen führt.

  • Classic Chrome

    Eine Filmsimulation, die kein analoges Pendant hat. Hier hat Fuji aber versucht, den Fotoreportage-Stil, der oft in Magazinen Verwendung fand/findet, nachzuahmen. Daraus resultieren leicht entsättigte Farben, besonders in den Rot- und Grüntönen, und mehr Kontrast in den Schatten.

  • Monochrom

    Als das X-System auf den Markt kam, war dies die einzige Schwarzweiß-Umsetzung, die Fuji anbot. Zusätzlich kann hier noch die Simulation von Farbfiltern gewählt werden. Bei den neueren Modellen der X-Serie kam allerdings noch die digitale Variante des Acros-Schwarzweißfilms mit dazu, zu dem ich heute eher rate – dazu aber gleich mehr.

  • Acros

    Der Acros ist dem Fuji Neopan Acros nachempfunden und ist in meinen Augen der “alten” Monochrom-Umsetzung weit überlegen! Denn er entsättigt nicht nur alle Farben gleichmäßig, sondern stellt einige Farben in helleren Grautönen dar als andere – genau wie ein analoger S/W-Film eben! Ein weiterer interessanter Punkt ist der Körnungsalgorithmus des Acros, der für eine sehr analog wirkende Rauschverteilung sorgt. Auch hier können Gelb-, Rot- oder Grünfilter zusätzlich simuliert werden.

  • Sepia

    Um die S/W-Simulationen abzuhaken, muss ich diese auch erwähnen – genutzt habe sie allerdings noch nie und werde es auch nie tun! Einfach eine orange/braune Schwarzweißumsetzung, die für mich viel zu stark ausfällt. Wer diesen Look möchte, kann auch bei den neueren Kameras die neuen Tonungseinstellungen verwenden, um das S/W leicht kühler oder wärmer zu machen.

 

  • Pro Neg.Std

    Diese Simulation lehnt sich an die Eigenschaften des NS160 aus dem Profisegment von Fujifilm an, der besonders bei Portraitfotografen sehr beliebt war. Sein enorm weicher Kontrast führte bei weichem Licht draußen oft zu sehr flach aussehenden Bildern, im Studio hingegen, wo man den Beleuchtungskontrast fein steuern kann, resultierte dies oft in enorm weichen, angenehmen Hauttönen. Außerdem hatte dieser Film eine (meines Wissens) einzigartige vierte Emulsionsschicht, die für cyan empfindlich war und für eine hervorragende Kontrolle der Hauttöne sorgte. Für meinen persönlichen Geschmack jedoch ist diese Filmsimulation für die meisten Situationen zu flach im Kontrast und die Farben erscheinen mir durchweg zu wenig gesättigt.

  • Pro Neg.Hi

    Ähnlich dem Pro Neg.Std. ist diese Simulation näher an der realen Sättigung der Farben und vor allem ist sie kontrastreicher, was sich primär in gesättigteren Schatten zeigt. Laut Fujifilm ist Pro Neg.Hi besonders für Fotografen geeignet, denen exakte Hauttöne wichtig sind, die aber nicht die volle Kontrolle über den Beleuchtungskontrast haben – wie z.B. Hochzeits- oder Streetfotografen. Für mich hat sich diese Simulation als Standard für eine natürliche Farbwiedergabe etabliert und damit den Astia, der zuvor mein Favorit war, abgelöst.

  • Eterna

    Dieser Film dürfte den meisten Analogfotografen unbekannt sein, im Videobereich hingegen ist er eine feste Größe und kam viel in Kinoproduktionen zum Einsatz! Durch seinen sehr weichen Kontrast glänzt er in den neueren Kameras der X-Serie mit einem Dynamikumfang von ca. 12 Blendenstufen und einer geringen Sättigung. Somit ist der Eterna die einzige Filmsimulation, die nicht als fertiges Endprodukt gedacht ist, sondern eher zur Erzeugung eines möglichst flachen Ausgangsmaterials zur Weiterverarbeitung.

  • Klassisch Schwarz / Classic Negative

    Ebenfalls eine sehr neue Filmsimulation, der Fujifilm zwar keinen expliziten Film zugeordnet hat, die sich aber angeblich am Look der Superia100-Filme orientiert – für mich persönlich wirken die Aufnahmen jedoch eher wie Bilder aus den 70er/80er Jahren als nach dem 1998 eingeführten Superia. Durch ihren kontrastreichen Look mit leicht in Richtung Rot verschobenen Farben produziert sie einen schönen Vintage Look. Im Vergleich zu den Pro Neg Simulationen erzeugt Klassisch Schwarz zwar weniger gesättigtere Farben, dafür allerdings stärkeren Kontrast.

  • Eterna Bleach Bypass

    Die neuste Filmsimulation der X-Serie (Stand November 2020) bezieht sich wieder auf einen analogen Film, allerdings in Verbindung mit einem Dunkelkammerprozess: Dabei wird das Silber der Filmemulsion entfernt und nur die gefärbten Tinten bleiben zurück. Auf Englisch wird dieser Prozess “bleaching” genannt. Verkürzt oder überbspringt man diesen Schritt völlig, erhält man Bilder die an sehr kontrastreiche Schwarzweißaufnahmen erinnern, die allerdings noch einen Touch Farbe haben. Wenn man in der Dunkelkammer den Film so vergrößert hat, dass die Mitteltöne bewahrt blieben, resultierte das in ausgefressenen Lichtern und sehr dunklen Schatten, weshalb man den Film von Anfang an oft schon eine Blende unterbelichtete, wenn man diesen Prozess anstrebte. Da diese Filmsimulation derzeit nur in der GFX100 und der X-T4 verfügbar ist, kann ich leider nichts aus erster Hand dazu sagen, allerdings trifft der Look generell nicht so ganz meinen Geschmack. Am ehesten könnte ich ihn mir bei sehr gesättigten Motiven vorstellen, die mir ansonsten zu bunt wären.

 

Wenn ihr mehr über die Filmsimulationen von Fujifilm erfahren möchtet und genauer wissen wollt, wie sich die Farben der jeweiligen Filmsimulationen verändern, findet ihr bei ImagingResource.com (englisch) einen sehr informativ geschriebenen Blog-Artikel.

Im nächsten Beitrag zu den Filmsimulationen von Fujifilm wird es über Möglichkeiten gehen, wie ihr die vorgefertigten Filmsimulationen von Fujifilm nach eurem Gusto verändern und somit euren Bildern euren eigenen Stil geben könnt. Schaut also wieder rein!

Viele Grüße und bleibt gesund
Martin

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Comments

  1. Super. Genau danach hatte ich gesucht. Toll erklärt und mit einer gehörigen Portion Filmhistorie gewürzt. Vielen Dank dafür!

  2. Vielen Dank für die Übersicht! Eine kleine Ergänzung: Der Classic Chrome dürfte sich am Kodachrome-Film orientieren, vermute ich. Und inzwischen sind ja noch ein paar weitere Simulationen dazugekommen.

    1. Author

      Hallo Kai, dank dir für den Kommentar! Ja, Fuji baut recht kontinuierlich neue Film Simulationen. Dass der Classic Chrome vom Kodachrome herkommt, würde ich nicht wirklich unterstreichen. Er hat Ähnlichkeiten, aber auch einfach seeehr große Unterschiede wie ich finde.
      Viele Grüße
      Martin

  3. Hallo, super Erklärt! War nie so richtig zufrieden, bis ich meine erste Fujifilm Kamera in der Hand hatte. Die Einstellungen und Möglichkeiten sind zu 100%% genau meins.
    Dankeschön Jens.

    1. Author

      Hallo Peter,

      vielen Dank für deinen Kommentar! Das verstehe ich, aber a) gibt es schon viele Seiten, die einen Vergleich der Filmsimulationen mit dem gleichen Bild zeigen (folge z.B. dem Link im Text oder auch hier: https://www.fotowissen.eu/fujifilm-filmsimulationen/) und b) machen einige Filmsimulationen für einige meiner Motive eher mehr oder weniger Sinn. Und schlechte Bilder zeige ich hier ungern… 🙂

      Viele Grüße
      Martin

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