Einfaches Portrait-Licht

Fensterlicht (2)

Im letzten Beitrag schrieb ich über Fensterlicht in der Portraitfotografie und wie viele tolle Möglichkeiten dies bietet. In diesem Zuge habe ich aber auch erwähnt, dass man anfangs einfach so nah wie möglich ans Fenster heran sollte, um eine möglichst große Lichtausbeute, einen große und damit weiche Lichtquelle und eine angenehme Lichtrichtung zu erhalten. Heute möchte ich euch ein weiteres einfaches Portrait-Licht vorstellen, das auf letzter Woche aufbaut: Ihr könnt natürlich das Modell auch ganz ans Fenster stehen lassen und durch die Scheibe hindurch fotografieren!

Schritt für Schritt

Das Tolle an diffusem Fensterlicht ist, dass man ein unglaublich weiches, angenehmes Portrait-Licht mit großen Augenreflexen erhält. Je näher das Modell am Fenster steht, desto mehr Licht haben wir zur Verfügung, da es näher an der “Lichtquelle” steht. Besonders bei kleinen Fenstern und trübem Wetter kann das eine wichtige Rolle spielen – nahe dran hilft! Wie anfangs beschrieben, kann ich das Modell für maximale Lichtausbeute natürlich auch direkt an das Fenster stellen und von außen fotografieren. Je näher das Modell an die Scheibe tritt, desto mehr kommt das Licht von oben und modelliert die Gesichtszüge plastischer heraus. Schön und einfach ist hierbei, dass das Modell immer unter einer “Überdachung” steht, d.h. so lange es im Raum steht, wird das Licht niemals direkt von oben kommen, was zum Verlust des Augenreflexes führen würde.

Eventuell auftretende Schwierigkeiten

Eine Schwierigkeit kommt bei diesem Vorgehen jedoch neu hinzu: die Fensterscheibe! Reflektiert etwas Helles darin, sehen wir den Reflex und nicht mehr die Person dahinter! Leichte Positionsänderungen können hier aber schon völlig ausreichend sein:

Bei diesen drei Bildern von Anna seht ihr gut, wie sich helle Hintergründe als helle Reflexe in der Scheibe zeigen, dunkle hingegen praktisch nicht die Durchsicht stören. Natürlich hilft hierbei auch eine geringe Schärfentiefe. Nur was tun, wenn man nicht wirklich frei in der Wahl der Perspektive ist? Dann muss dunkel aktiv eingespiegelt werden. Wer sich jetzt denkt: “hä?”, für den nochmals etwas einfacher ausgedrückt. Wir müssen einfach etwas dunkles in den Reflexionswinkel zu unserem Modell stellen, denn dunkle Einspiegelungen werden durchsichtig.

Im linken Bild sieht man gut, wie die Reflexe im Glas Teile von Fayes Gesicht teils verdecken. Im rechten Bild positionierte ich meinen Diffusor mit der schwarzen Bespannung so vor der Scheibe, dass sich nichts darin spiegeln und problemlos hindurch fotografieren konnte. Übrigens: Hier gibt es nicht besser oder schlechter – auch das linke Bild hat etwas!

Problem der Reflexe ganz umgehen

Wenn man keinen großen Abschatter zur Hand hat, kann man sich natürlich auch einfacher behelfen und lediglich das Fenster öffnen… 🙂 Das Licht bleibt das gleiche, lediglich die Tiefe im Bild lässt etwas nach.

Wenn ihr die Chance habt, euer Modell durch ein Fenster hindurch zu fotografieren, erhaltet ihr praktisch immer spannende Aufnahmen. Zum einen gibt euch die (unscharfe) Scheibe eine weitere Bildebene, die dem Bild mehr Tiefe verleiht. Wenn ihr möchtet, könnt ihr auch mit einer Sprühflasche leichte Tropfen am Glas erzeugen, um diesen Effekt noch zu steigern. Zum anderne kommt der Story-Telling-Effekt mit hinzu: Ein Modell, das in sich versunken am Fenster sitzt oder verträumt hinausschaut, erzählt eine Geschichte. Was der Betrachter hineindeutet, kann aber sehr unterschiedlich sein, führt aber auf jeden Fall dazu, dass der Betrachter sich mit dem Bild beschäftigt!

Wenn ihr mehr Inspiration für eure Portraits sucht, schaut doch hier im Blog mal nach meinem Portrait-Projekt – dort beschreibe ich die einzelnen Aufnahmen alle mit Beleuchtungsskizzen. Und solltet ihr Interesse an einem meiner Portrait-Workshops haben, schaut doch z.B. bei meinen Kursen für die FUJIFILM School nach!

Viel Spaß beim Ausprobieren dieser völlig Corona-tauglichen Art der Portraitfotografie!
Martin

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