Kameraverschluss

Der Verschluss

Basics: Der Verschluss

Wie wir bereits gelernt haben, regelt der Verschluss die Verschlusszeit aka. Belichtungszeit eines Fotos und ist damit elementarer Bestandteil einer jeden Kamera. Prinzipiell kommen heute (2022) drei Arten von Verschlüssen zum Einsatz, die teilweise auch kombinierbar sind. Alle drei haben unterschiedliche Vor- und Nachteile und somit auch verschiedene Einsatzzwecke.

 

Der Schlitzverschluss

Der heute am weitesten verbreitete Verschluss bei Kameras mit Wechselobjektiven ist der mechanische Schlitzverschluss (engl. focal plane shutter), der direkt vor dem Sensor / Film sitzt. Bei Kameras mit fest verbautem Objektiv wird er hingegen oft nicht verbaut.
Er besteht aus zwei Lamellenvorhängen, die man sich wie einen Rollladen vorstellen kann: Der erste Rolladen (aka Verschlussvorhang) öffnet den Verschluss (meist von oben nach unten), so dass Licht auf den Sensor bzw. den Film trifft. Der zweite Verschlussvorhang schließt ihn wieder, ebenfalls von oben nach unten. Ist der Verschluss wieder komplett zu, also beide Rolläden am unteren Bildrand, dann werden beide Vorhänge wieder in die Ausgangsposition zurück gebracht. Mit jedem Auslösen öffnet also ein Vorhang den Sensor und ein zweiter Vorhang verschließt ihn wieder, dann werden beide in die Ausgangsposition zurück gebracht.

Bei spiegellosen Systemkameras läuft es etwas komplizierter ab, da der Sensor ja bereits offenliegt. Daher muss der Verschluss zuerst geschlossen und damit für die Aufnahme vorbereitet werden, bevor der Vorgang wie oben beschrieben ablaufen kann, um abschließend wieder geöffnet zu werden (in diesem Youtube-Video ist dies ab Sek. 10 bis Sek. 30 recht gut verdeutlicht).

Um sehr kurze Verschlusszeiten realisieren zu können, kann der zweite Verschlussvorhang bereits sehr kurz nach dem ersten ablaufen, wodurch immer nur ein dünner Schlitz geöffnet über den Sensor läuft, siehe Bild unten (Quelle: Leica Camera AG). Wiederum ein gutes Beispiel, wie dies abläuft, findet man in diesem Youtube-Video. So können derzeit Belichtungszeiten von bis zu 1/8000s realisiert werden. Mit jeder Auslösung müssen also beide Verschlussvorhänge auf eine sehr hohe Geschwindigkeit beschleunigt und praktisch sofort wieder abgebremst werden, was natürlich zu Erschütterungen führen kann.

Der Verschluss, Quelle: www.digitalkamera.de & Foto: Leica Camera AG

Gesteuert werden diese Verschlussbewegungen klassisch durch eine Federspannung und seit ein paar Jahren auch elektromagnetisch (Vorreiter war hier Panasonic 2016 mit der Lumix GX-80), was die Erschütterung durch die mechanischen Bauteile und die daraus reslutierenden Geräusche und Unschärfen etwas reduziert. Der elektromagnetische Verschluss ist außerdem einfacher und kompakter zu konstruieren, was besonders den kleineren, spiegellosen Systemkameras zugute kommt.

Der Schlitzverschluss ist eines der am meist beanspruchten Bauteile einer Kamera und somit auch nur auf eine bestimmte Zahl an Auslösungen ausgelegt. Auf wie viele genau, findem man im Datenblatt der jeweiligen Kamera bzw. beim Hersteller direkt. Man kann Verschlüsse zwar austauschen lassen, ist der Verschluss jedoch erst einmal kaputt, handelt es sich oft um einen wirtschaftlichen Totalschaden.

 

Der Zentralverschluss

Auch der Zentralverschluss (engl. leaf shutter) arbeitet rein mechanisch, allerdings unterscheidet er sich in Lage und Funktionsweise vom Schlitzverschluss erheblich. Er befindet sich entweder im Innern des Objektivs oder zwischen Objektiv und Kameragehäuse und nicht im Kameragehäuse. Aufgrund des mechanischen Aufwands steigen Preis, Größe und Gewicht der Objektive, die mit Zentralverschlüssen ausgestattet sind.

Meist kommt er bei Mittel- und Großformatobjektiven zum Einsatz, jedoch findet eine Unterart (der sogenannte Blatt- oder Guillotinenverschluss) auch bei Kompaktkameras mit fest verbautem Objektiv Verwendung – zum Beispiel bei meiner heißgeliebten Fujifilm X100V. Bei alten, analogen Kleinbildkameras wurde er jedoch auch hier und da verbaut.

Zentralverschlüsse arbeiten sehr leise und vor allem nahezu vibrationsfrei. Da sie sich aber immer komplett öffnen müssen, erlauben sie eine maximale Verschlusszeit von 1/4.000 Sekunde, meist sogar nur weit darunter.

Klassische Zentralverschlüsse öffnen sich aus der Mitte heraus, Blatt- oder Guillotinenverschlüsse werden eher scherenförmig in den Strahlengang eingeschwenkt. Da Zentralverschlüsse im Strahlengang des Objektivs sitzen, gibt es also nicht wie bei Schlitzverschlüssen einen teilweise geöffneten Verschluss, sondern lediglich offen oder geschlossen, denn sobald der Verschluss sich nur ein wenig öffnet, gelant Licht bereits auf den Sensor (wie auch eine kleine Blendenöffnung den Sensor genauso voll ausleuchtet wie eine große).

Zentralverschluss, Quelle: Hasselblad

Der VerschlussQuelle: Hasselblad

 

Der elektronische Verschluss

Seit Aufkommen digitaler Kameras kam schließlich noch der elektronische Verschluss (engl. electronic shutter) hinzu, der komplett ohne bewegliche Teile auskommt. Allerdings ist der Begriff etwas irreführend, da hier eigentlich nichts verschlossen wird: Der „erste elektronische Verschlussvorhang” setzt die Ladung der Pixel elektronisch zurück auf Null. Während der Belichtung steigt dann die Ladung jedes einzelnen Pixels bis zum Ende der Belichtung an. Der „zweite elektronische Verschlussvorhang” wandelt diese gespeicherten Ladungen in eine Spannung um und digitalisiert sie. Vereinfacht gesagt: Der elektronische Verschluss schaltet die Belichtung ein und wieder aus.

Ein elektronischer Verschluss ist somit völlig lautlos und eignet sich daher natürlich für Situationen, in denen der Fotograf nicht auffallen darf (klassische Konzerte, Theater, Reden, Dreharbeiten, Kirchen…). Da er keine beweglichen Teile besitzt, können auch sehr kurze Belichtungszeiten von bis zu 1/32.000s (Stand 2021) und enorm hohe Serienbildgeschwindigkeiten realisiert werden.

Elektronische Verschlüsse von derzeitigen (2021) CMOS-Kamerasensoren laufen zeilenweise ab, d.h. es wird praktisch Zeile für Zeile belichtet und sofort auch ausgelesen. Das bringt mehrere Probleme mit sich: Sich schnell bewegende Motive oder Mitzieher erscheinen verzerrt (rolling shutter, vgl. Youtube), weil verschiedene Teile des Motivs zu unterschiedlichen Zeiten belichtet werden, flackernde Lichtquellen (wie z.B. einfache Gasentladungslampen) und gepulste LEDs erzeugen unschöne Streifenmuster und ungleichmäßige Belichtungen. Dazu kommt, dass manche Hersteller den Dynamikumfang und damit die Datenmenge reduzieren, um die Zeilen schneller auslesen zu können (z.B. von 14-bit auf 12-bit) und es somit zu Qualitätseinbußen kommen kann.

Rolling Shutter Effect, Quelle: www.dpreview.com

Rolling Shutter Effect – Quelle: www.dpreview.com

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unschöne Streifebildung bei gepulsten Lichtquellen und elektronischem Verschluss (links)

Wenn die Bedingungen jedoch passen, kann ein elektronischer Verschluss eine hervorragende Lösung sein, aber ein vollständiger Ersatz für mechanische  Verschlüsse ist er momentan noch nicht. Verschiedene Hersteller arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung von CMOS-Sensoren mit einem sogenannten “globalen elektronischen Verschluss”, der alle Pixel gleichzeitig belichtet und somit den mechanischen Verschluss ersetzen könnte.

(Nebenbei bemerkt: Leistungsschwächere Kameras mit CCD-Sensoren hatten schon vor vielen Jahren einen globalen elektronischen Verschluss; das Problem besteht darin, diese Technik mit der qualitativ hochwertigeren CMOS-Technologie zu verbinden.)

 

Die Kombination von elektronischem und mechanischem Verschluss

Wie wir gesehen haben, ist ein Nachteil von mechanischen (besonders Schlitz-) Verschlüssen die Erschütterung, wenn der erste Verschlussvorhang wieder angebremst wird, die zu leichten Unschärfen führen kann. Um dies zu umgehen, erlauben viele Kameras inzwischen auch eine Kombination von elektronischem und mechanischem Verschluss: elektronischer erster und mechanischer zweiter Verschlussvorhang: Die Belichtung wird gestartet, indem die Sensorpixel Zeile für Zeile elektronisch auf Null gesetzt werden. Der mechanische Schlitzverschlussvorhang folgt dem elektronischen und wenn er den Sensor vollständig geschlossen hat, wird dieser ausgelesen, dann öffnet sich der Verschluss wieder, damit der Sensor ein Bild liefern kann.

Fazit: Ohne einen mechanischen ersten Verschlussvorhang gibt es keine Vibrationen und damit keine Beeinträchtigung der Schärfe; der zweite Verschlussvorhang erschüttert das Kameragehäuse zwar nach wie vor, das aber erst, nachdem die Belichtung bereits beendet ist. Artefakte sind nicht zu erwarten, denn dieser hybride Verschluss ist ebenso schnell wie ein rein mechanischer Verschluss. Diese Kombination ist allerdings nicht viel leiser und die kürzeste Belichtungszeit entspricht auch der des mechanischen Verschlusses.

 

Wie es mit den verschliedenen Verschlusstypen im Zusammenhang mit Blitzlicht aussieht, werden wir in einem der kommenden Beiträge behandeln. Schaut also wieder rein!

 

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