Portrait-Projekt 2020: Tom

Für den nächsten Termin in meinem Portrait-Projekt fotografierte ich meinen Kumpel Tom. Nach den “Bühnenportraits” der letzten zwei Wochen sollte es jetzt aber wieder etwas anderes sein und somit wählte ich eine gänzlich andere Herangehensweise: Kein Studio, keine wilde Technik, kurz und knapp. 🙂

Als Location nahm ich einfach unser Wohnzimmer, so dass wir den Fototermin mal wieder mit einem Besuch verbinden konnten. Die Pose sollte der Umgebung entsprechend locker und nicht zu gestellt sein, das Licht ebenfalls einer “natürlichen” Innenraumbeleuchtung nicht zu sehr widersprechen. Um diese “Natürlichkeit” auch optisch beizubehalten, griff ich zu einem Normalobjektiv, dass die Größenverhältnisse im Raum fast so wiedergibt, wie unser Auge sie auch wahrnimmt. Auf Film bzw. im Vollformat wären das 50mm, an meiner Fuji X-T3 mit APS-C-Sensor hingegen 35mm – daher griff ich auf das Fujinon 35/1.4 zurück. So etwas sollte dabei herauskommen:

Sehr offenblendig mit f/1.4 fotografiert, wird der Hintergrund schön unscharf abgebildet und lenkt so nicht von Tom ab, zeigt aber dennoch eindeutig einen Wohnraum und kein steriles Studio. Das Licht ist enorm weich, das Beleuchtungsverhältnis von Licht zu Schatten gering, wirkliches Schwarz gibt es nicht. Wie habe ich ausgeleuchtet? Welche Lichtformer kamen zum Einsatz? Wie wurden die Schattenwürfe aufgehellt? Jetzt wird es etwas kompliziert, tut mir leid… Die Antworten auf diese Fragen sind – ein einziger Aufsteckblitz auf der Kamera ohne Lichtformer! 🙂 Hier seht ihr schon einmal den Aufbau und ein weiteres Bild zum Vergleich:

Ich nutzte lediglich meinen Systemblitz von Hähnel (affiliate link) und drehte ihn auf der Kamera so, dass er in die Ecke rechts neben mir blitzte. Da unser Esstisch, an dem wir saßen, bei uns in einer Ecke steht, fungierte die Wand hinter mir gleichzeitig als Aufheller und sorgte somit für ein sanftes Fülllicht, das die entstehenden Schatten an Toms linker Gesichtshälfte und unter dem Kinn etc. aufhellte. Wenn ich mit mehreren Lichtquellen im Studio gearbeitet hätte, hätte ich zuerst das Aufhelllicht gesetzt, um die erste Ebene an Licht zu erzeugen. Diese bestimmt, wie dunkel die Schatten sein werden, die das Hauptlicht wirft. Erst im zweiten Schritt wäre dann das Hauptlicht dazu gekommen, mit dem die generelle Lichtcharakteristik des Fotos gesetzt wird. Hier in diesem Fall bei Tom, musste halt beides gleichzeitig geschehen. Wenn ich nun aber dunklere Schatten gewollt hätte, hätte ich einfach einen Aufheller bzw. Lichtschlucker mit der schwarzen Seite nach vorn hinter mich an die Wand gestellt und schon wären durch die reduzierte Aufhellung tiefere Schatten und somit mehr Kontrast entstanden. Aber mir gefällt diese natürliche Stimmung hier sehr gut.

Um aber noch eine Alternative mit ihm zu fotografieren, zogen wir ein paar Meter nach links weiter und ich bat ihn in einem Sessel Platz zu nehmen. Als Hintergrund wählte ich das gleiche Bücherregal wie oben, was dieses Mal natürlich eher fluchtend dargestellt wurde. Da ich jetzt auch etwas weiter von Tom entfernt war, war die Schärfentiefe natürlich auch größer, was zu einem schärferen Hintergrund führte. Lichttechnisch behielt ich den obigen Ansatz bei und drehte nun den Blitzkopf allerdings nach links, wodurch ich den Raum links von mir mit Licht füllte und was ebenfalls zu sehr weichem Licht führte. Da Tom allerdings nun auch weiter von einer reflektierenden Wand entfernt war, erhielten wir auch etwas dunklere Schatten und somit ein höheres Beleuchtungsverhältnis.

Zum Schluss überlegte ich, ob ich doch noch ein Alternativfoto mit hartem Licht versuchen sollte, was ich aber nach dem ersten Testschuss bereits wieder verwarf. Dafür bat ich meine Frau, meinen Aufsteckblitz in die Hand zu nehmen und ihn direkt auf Tom zu richten. Ich wählte 200mm bei der Zoomstellung des Blitzes, so dass ein möglichst enger Lichtkegel (ohne weiteren Lichtformer) entstand. Den Blitz zündete ich mit einem Fernauslöser, der bei mir auf der Kamera saß – aber ich schätze, dass ihr mir zustimmt, dass die bisher gezeigten Lichtstimmungen für diese Bilder passender waren:

Wie bereits beim zweiten Shoot des Projektes (mit Faye) ist hier glaube ich gut zu sehen, mit wie wenig und einfachen Mitteln tolle Portraits entstehen können! Wie immer gilt, dass ihr Fragen jederzeit hier oder im geteilten Facebook-Post stellen könnt!

Die bisherigen Bilder des Portrait-Projektes findet ihr in der dazu gehörigen Galerie, die ich ständig aktualisiere: Portrait-Projekt 2020

Viele Grüße
Martin

Benutztes Equipment (affiliate links):
Fujifilm X-T3
Fujinon XF 35/1.4
Hähnel Modus 600RT mit Viper

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