Vor einigen Jahren habe ich mit meiner heutigen Frau Irland umrundet. Es war mehr oder weniger eine “Kennenlernreise”, da wir viele Gegenden in Irland zum ersten Mal durchfuhren. Allerdings hatten wir auch einen recht engen Zeitrahmen, was bedeutete, dass wir pro Ort nicht wirklich Zeit hatten, uns lange irgendwo aufzuhalten und den jeweiligen Ort wirklich zu erkunden.
Eine solche Gegend, die wir durchfuhren, die ich aber unbedingt nochmal besuchen wollte, war Connemara im Westen des County Galway. In diesem Landstrich, der von der Hungersnot im 19.Jh. enorm schwer getroffen wurde, findet man unzählige Fotomöglichkeiten. Eine sehr populäre dieser Locations ist die sogenannte Twelve Pines Island im Derryclare Lough, die ihr hier im Titel seht. Sie ist sehr einfach zu erreichen und es gibt eine kleine Parkmöglichkeit direkt am See für wenige Fahrzeuge.
Bei unserem ersten Trip dorthin regnete es in Strömen und das Wetter wäre diesem Ort nicht gerecht geworden – ich fotografierte kein einziges Bild. In den folgenden Jahren kam ich zurück und letztendlich gefallen mir mehrere der dort entstandenen Bilder, aber schlussendlich sind es die drei hier gezeigten, die die Atmosphäre des Ortes für mich am besten transportieren.
Das oben gezeigte Bild fotografierte mit meiner Canon Eos 6D und nutzte das Samyang 24mm T/S (affiliate link). Der Tilt-Mechanismus erlaubte mir, bei recht offener Blende vom Vorder- bis zum Hintergrund alles scharf abzubilden und die Shift-Funktion nutzte ich, um ein Panorama aus drei Einzelaufnahmen (quer) ohne Parallaxenfehler zu fotografieren. Auf das Objektiv kam dann noch ein Grauverlaufsfilter (affiliate link), der dafür sorgte, dass die Wolken – besonders in der linken oberen Ecke – schön düster blieben und somit ihre Dramatik behielten.
Zwei weitere Beispiele dieser Location sollen euch zeigen, wie wichtig es sein kann, immer wieder an den gleichen Ort zurückzukehren, denn je nach Licht- und Wetterstimmung erhält man gänzlich andere Ergebnisse:
All diese drei Bilder funktionieren in meinen Augen gut – es ist primär eine Frage der Stimmung, die ihr transportieren möchtet. Im oberen Bild nutzte ich einen Polarisationsfilter (affiliate link), um die Reflexionen auf der Wasseroberfläche zu reduzieren und um die Blausättigung zu erhöhen. Besonders schön war hier auch das Wolkenband, dass sich über die Twelve Bens im Hintergrund wälzte. Das flachere Seitenlicht verstärkt die Tiefenwirkung, bringt aber durch die teilweise großen, dunklen Schattenpartien andere Schwierigkeiten mit sich.
Im untersten Bild hingegen war das Wetter wieder nicht so rosig. Ich wählte hier übrigens wieder die gleiche Kamera-Objektiv-Kombination, um das Panorama zu fotografieren. Dieses Mal suchte ich mir aber einen Standpunkt weiter links und tiefer am Wasser, da ich versuchen wollte, die Insel mit ihren Bäumen vor dem Himmel freizustellen. Ganz ist es mir leider nicht gelungen, aber ich musste mich zwischen dem zentralisierten Vordergrund oder einem kompletten Freistellen der Bäume entscheiden. Da aber die Komposition sehr rechtslastig geworden wäre, wenn ich den Vordergrund aus der Mitte geschoben hätte, entschied ich mich für das kleinere Übel der nicht ganz freistehenden Bäume.
„Wechselndes Licht, andere Tages- oder Jahreszeit, andere Perspektiven, Ausschnitte, Beleuchtungen oder manchmal auch einfach nur eine andere persönliche Stimmung – jedes Mal entsteht eine andere Aufnahme.“
Immer wieder werde ich gefragt, ob ich denn die Locations z.B. auf meinen Fotoreisen noch genießen kann – wo ich doch schon so oft dort war. Die Antwort bleibt die gleiche: Wenn etwas so schön ist, dass ich es schon mehrfach fotografieren wollte, wird es mir nicht überdrüssig. Wechselndes Licht, andere Tages- oder Jahreszeit, andere Perspektiven, Ausschnitte, Beleuchtungen oder manchmal auch einfach nur eine andere persönliche Stimmung – jedes Mal entsteht eine andere Aufnahme. Die Frage stellt sich vielmehr, was ich in jede einzelne Aufnahme von mir mit hineingebe.
Alleine schon die Gedanken, wie ich einen bestimmten Ort am besten fotografieren möchte, was ich für eine Stimmung festhalten oder auch herstellen möchte, zwingt mich dazu, mich intensiv mit meinem Motiv auseinanderzusetzen, eine Verbindung herzustellen. Diese Verbindung ist in meinen Augen enorm wichtig für ein gelungenes Bild…
Die intensive Auseinandersetzung mit einem Motiv führt aber auch zu einem bewussteren Sehen allgemein: Was gefällt mir an einer bestimmten Szenerie und was nicht? Welche Details sind wichtig und welche eher störend? Welche Elemente haben mich überhaupt auf diese Szene schauen lassen? Was zieht mich an? All diese Fragen führen zu einer bewussteren optischen Wahrnehmung – sobald man sich mit solchen Fragen auseinandersetzt, fallen einem Details, Strukturen, Lichtveränderungen und vieles mehr auf, was man zuvor nicht einmal wahrgenommen hätte.
In diesem Sinne: Nehmt euch die Zeit, euch wirklich mit euren Motiven auseinanderzusetzen. Hinterfragt eure Kompositionen und auch eure eigenen Intentionen. Kehrt wieder zurück zu bereits fotografierten Locations und arbeitet an ihnen. Nur durch Übung werden wir besser in dem, was wir tun…
Weitere Aufnahmen aus Irland findet ihr übrigens in meinem Reiseportfolio!
- Martin –